ARD-Wetterexperte

Sven Plöger über Klima-Politik: "Die Parteien haben wahnsinnige Angst"

"Wir haben nur noch acht bis 15 Jahre Zeit, bis wir dramatische Kipppunkte erreichen", warnt Sven Plöger. Der ARD-Wetterexperte kritisiert die Klima-Politik der deutschen Parteien.

Ist Wasser predigen und Wein trinken das große Problem in der Klimakrise? Meteorologe und ARD-Wetterexperte macht in einem Interview mit "t-online" auf die Widersprüche im Kampf gegen den Klimawandel aufmerksam. "Das Verrückte ist: Wir reden derzeit so viel wie noch nie zuvor über Natur- und Klimaschutz, haben die Umwelt aber auch noch nie so sehr verschmutzt wie heute."

So hätte es nach der Dürrewelle zwischen 2018 und 2020 zwar einen großen Aufschrei gegeben, aber: "Gleichzeitig sind wir 2019 – vor der Pandemie – häufiger geflogen als je zuvor, haben noch mehr SUVs zugelassen, noch mehr Kreuzfahrten gemacht und noch mehr Plastikmüll produziert." Für Sven Plöger ist unübersehbar: "Wir sagen A und machen B."

Nur neue Konzepte könnten wirklich etwas verändern. "Wir dürfen uns doch nicht dem Trugschluss hingeben, dass es etwa ausreicht, einen Verbrennermotor durch einen E-Motor zu ersetzen", so der 54-Jährige. Die Studienlage würde eindeutig zeigen, dass jeder nicht investierte Euro, der im Kampf gegen den Klimawandel "gespart" würde, später angesichts der Schäden zwei bis elfmal so teuer wird. "Keine Studie sagt: Wir können jetzt ordentlich einheimsen und müssen später nicht die Zeche zahlen", macht Plöger deutlich.

Dem Wetter-Experten geht es zu langsam: "Als Meteorologe sehe ich die dramatischen Klimadaten und es erschreckt mich, wie lange die Gesellschaft braucht, um aus dem Verständnis der Zusammenhänge ernsthaft Konsequenzen zu ziehen." Plöger: "Wir haben nur noch 8 bis 15 Jahre Zeit, bis wir dramatische Kipppunkte erreichen."

Außerdem wurde Plöger gefragt, ob er sich nicht sorge, dass die Wirtschaft sich gegen strengere Regularien stemme. "Der Mensch, und damit die Wirtschaft, ist profitgesteuert, also ist die Lösung eigentlich einfach: Profit darf nicht mehr ohne Klimaschutz möglich sein." So müsste laut dem ARD-Experten derjenige, der die Umwelt sauber hält, mehr verdienen als ein Umweltverschmutzer. Ähnlich wie beim Lieferkettengesetz müssten neue Rahmenbedingungen her, so der Meteorologe im "t-online"-Interview. Am Ende sei dies auch im Interesse der Wirtschaft.

Gefragt nach der Partei, die sich in einer kommenden Bundesregierung wirklich ums Klima kümmern würde, hat Sven Plöger eine ernüchternde Antwort: "Für meinen Geschmack leider keine ausreichend". Es herrsche "eine wahnsinnige Angst davor, klare Kante zu zeigen". Allerdings gesteht der ARD-Experte auch ein: "Wenn ich das sage, bin ich aber auch in der Luxusposition, kein Politiker zu sein." Jedoch sei ihm als Meteorologe klar, dass die Vorsicht der Politiker nichts nutzen wird. "Wir haben nur noch acht bis 15 Jahre Zeit, bis wir dramatische Kipppunkte erreichen" – dementsprechend müsse Klima zum "Thema Nummer eins" werden.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

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