Serienkritik

"The Last of Us": Hält die neue Serie, was der Hype verspricht?

16.01.2023, 08.34 Uhr
von Eric Leimann

Eines der wohl besten Playstation-Exklusives hat nun seine eigene Serie: Seit Monaten fiebern Fans dem Start von "The Last Of Us" entgegen. Hält die HBO-Serie, die auf dem Konsolenspiel von Naughty Dog und Neil Druckmann basiert, dem Hype stand?

Endzeit mit Zombies – das klingt im Jahr 2023 nicht besonders originell. Viele Stammzuschauer waren froh, dass nach langem kreativen Siechtum vor kurzem "The Walking Dead" zu Ende ging. Auch, wenn die Macher der ewigen Zombie-Mär mit Spin-off-Serien die Untoten weiter künstlich am Leben halten. Insofern könnte man nach einem Handlungsabriss der HBO-Serie "The Last Of Us" (ab Montag, 16. Januar, neun Folgen im Wochenrhythmus, bei Sky und bei Streaming-Anbieter WOW) auch etwas voreilig sagen: "Das muss ich mir nicht ansehen". Dies jedoch wäre ein großer Fehler. Wie nämlich die Serienmacher Craig Mazin ("Chernobyl") und Neil Druckmann, der das gleichnamige Playstation-Videospiel mit erfunden hat, ein Survival Game in eine unfassbar dringliche Dramaserie verwandelt haben, ist überaus sehenswert.

Worum geht es? 20 Jahre nachdem die moderne Zivilisation durch ein mörderisches Pilz-Virus zerstört wurde, ist auch Amerika ein verwüsteter Kontinent. Dort leben Infizierte, eine faschistoide Militärregierung in sogenannten Sicherheitszonen und Rebellen sowie marodierende Gangstergruppen in freier Wildbahn. Joel (Pedro Pascal, "The Mandalorian" ohne Maske) ist ein schweigsamer Ex-Soldat und abgebrühter Überlebender, der angeheuert wird, um die 14-jährige Ellie (Bella Ramsey, die freche Lyanna Mormont aus "Game Of Thrones") aus einer repressiven Quarantäne-Zone zu schmuggeln. Die beiden müssen sich zu einem Rebellen-Camp durchschlagen, wo an einem Gegenmittel gegen die Pilz-Krankheit geforscht wird.

Neun packende Folgen

Schon das Videospiel des Hersteller Naughty Dog gilt als eines der besten Konsolenspiele, die jemals entwickelt wurden. Die Handlung trägt sich dort im Jahr 2033/34 zu – 20 Jahre nach dem Ausbruch der Seuche im Jahr 2003. Die zehn Jahre später startende TV-Serie behält den 20-Jahre-Sprung bei und verlegt die Jetztzeit-Handlung in unsere Gegenwart 2023. So können die reiferen Erwachsenen-Figuren wie Ex-Soldat Joel noch ihre Erinnerungen an das alte Leben vor der Pandemie miteinbringen. Tatsächlich springt das Drehbuch von Mazin und Druckmann immer wieder mal in der Zeit, um ziemliche kluge Backstorys von Protagonistinnen und Protagonisten zu erzählen oder einfach nur dem Zusammenbruch der Kultur binnen weniger Tage – eigentlich über ein Wochenende im September 2023 – mehr erzählerische Farbkleckse hinzuzufügen.

Dabei bleibt die Serie einerseits immer bodenständig und erzählerisch stringent – der Roadtrip des ungleichen Paares Joel und Ellie steht im Mittelpunkt – andererseits können die neun zwischen 43 und 71 Minuten langen Folgen immer wieder überraschen, indem sie in Sachen Plot unterschiedlichste Abzweigungen nehmen, um irgendwann zum Überlebenskampf von Joel und Ellie zurückzukehren. Manchmal werden dabei einfach mal für eine längere Strecke Figuren erzählt, die Joel und Ellie auf ihrer Route getroffen haben, denn auch sie sind "The Last Of Us".

Das Budget wurde gut investiert

Starke Darsteller wie Anna Torv als Joels Gefährtin Tess, Nick Offerman als Bill oder Melanie Lynskey als Kathleen sorgen dabei immer wieder für Dramaserien-Highlights. Und dass der "Mandalorian" Pedro Pascal sich auf grimmige Art sehr fürsorglich um Kinder kümmern kann, weiß man ja seit Baby Yoda.

Ein großer Pluspunkt neben dem Cast und dem guten Drehbuch ist die Optik. Die Serie, die mit einem Budget von mindestens zehn Millionen pro Folge zu den teuersten Serien des Jahres gehört, sieht man in vielerlei Hinsicht jeden Dollar an. Die kreierten Endzeitwelten – vom verfallenen Boston, aus dem Joel und Ella aufbrechen, über von Pilzen überwucherte Zombie-Horden bis hin zu spektakulären Spots während des gefährlichen Road Trips: "The Last Of Us" wird, was seinen grandiosen Look und die überragenden Locations betrifft, in diesem Jahr nur schwer zu schlagen sein.

Auch interessant:

Warum also sollte man, will man 2023 nur eine Endzeitserie sehen, keinesfalls auf "The Last Of Us" verzichten? Weil die Videospiel-Adaption visuell das wohl reizvollste und originellste Serienprodukt seit Star Wars-Glücksfall "Andor" ist und weil hier auch sehr erwachsen und klug erzählt wird. Und wer einfach nur Suspense-reiche Action sehen will, wenn Joel oder Ellie mal wieder – "The Walking Dead"-mäßig – im Zeitlupentempo durch einen verlassenen Keller streifen, kommt auch auf seine Kosten. "The Last Of Us" ist einfach eine in jeder Hinsicht herausragende Serie und wird im noch jungen Jahr 2023 ganz sicher für einen langen Nachhall sorgen.


Quelle: teleschau – der mediendienst GmbH

Das könnte Sie auch interessieren