Sonntag am Tatort

Berlin, du kannst so schön hässlich sein

16.02.2018, 15.25 Uhr
von Florian Blaschke
Film im Film im Film: Meret Becker und Mark Waschke sorgen für großes Kino.
BILDERGALERIE
Film im Film im Film: Meret Becker und Mark Waschke sorgen für großes Kino.  Fotoquelle: rbb/Reiner Bajo

Robert Karow (Mark Waschke) ist einer dieser Tatort-Ermittler, denen man irgendwie kein schönes Leben zutraut. Und wünscht. Das genaue Gegenteil seiner Kollegin Nina Rubin (Meret Becker). Hier der sture Einzelgänger, ein waschechtes Arschloch, arrogant und trampelig noch dazu. Da die ehrgeizige Mutter, liebevoll, aber überfordert – und auf sympathische Weise chaotisch. Doch irgendwie wirkt das wie ein schönes Leben, was Karow da hat. Während er nach dem Aufstehen nämlich erst einmal seine Liegestütze macht und dann zu klassischer Musik ausgiebig frühstückt, hetzt sich Rubin von der Dusche zu einem Happen auf die Hand zum Auto, um ihren Sohn zur Schule zu bringen. Doch überhaupt fängt dieser Tag für sie nicht gut an. Denn Tolja (Jonas Hämmerle) will zu seinem Vater ziehen.

Der Versuch, ausgerechnet mit Karow darüber zu reden, bringt nicht wirklich etwas, denn der hört nicht einmal zu. Typisch. Doch auch sein Morgen wird kurze Zeit später den Bach runtergehen: In einem Päckchen, adressiert an die Mordkommission, liegt ein Finger, eingeschweißt und in Formaldehyd eingelegt, ein Nagel auffällig lackiert.

Abgeschickt wurde der makabre Gruß aus einem Lagerhaus, wo er schon seit rund einem Jahr gelegen haben soll, so der Pförtner. Doch nicht nur das Päckchen war in Lagerraum 237, sondern auch eine Kiste. Und die hat es in sich: Ebenfalls in Formaldehyd konserviert liegt hier der Körper zum Finger. Und er gehört einem jungen Mädchen.

Schon wenige Szenen später wird dieser Tatort seinem Titel "Meta" gerecht. Denn der Mieter von Raum 237 ist eine Filmfirma gleichen Namens, die ihren ersten und einzigen Film (richtig, mit dem Titel "Meta") in wenigen Tagen auf der Berlinale vorstellen wird. Und der Trailer zum Film verrät: In diesem Krimi geht es um eben jenes Päckchen, das Karow auf dem Tisch hatte, um eben jene 14-Jährige, die gerade in der Pathologie seziert wird, um eben jene Ermittler, die sich gerade diesen Trailer anschauen.

Makaber und klug inszenierte Szenen

Doch diesem Spiel mit mehreren Ebenen nicht genug, wurde "Meta" – also der Tatort – auch noch auf der echten Berlinale in Berlin gedreht. Und auf dieser Berlinale tun die beiden Ermittler das, was Ermittler eben tun, wenn sie einen Verdächtigen haben – und was auch die Ermittler in "Meta" – also dem Tatort – tun: Sie verhören den Regisseur und Drehbuchautor Michael Schwarz (Isaak Dentler). Der hält das zwar erst für einen PR-Gag, merkt dann aber, dass er ein Problem haben könnte. Und schon wenige Momente später muss er zugeben: Er hat gelogen – das Drehbuch stammt gar nicht von ihm.

Es gibt einige makaber und klug inszenierte Szenen in diesem Tatort, etwa wenn Karow im Kino sitzt, um sich "Meta", also den Film im Film, anzugucken und dann auf der Leinwand den Kommissar sieht, wie er sich "Meta", also den Film im Film im Film anguckt und dabei auf der Leinwand ... Sie wissen schon.

Dazu kommt eine Geschichte, die mit Verschwörungstheorien ebenso spielt wie mit historischen Ereignissen. Dabei im Zentrum: die "Organisation Gehlen", der vielfach aus Alt-Nazis wie ihrem Namensgeber Reinhard Gehlen zusammengesetzte Vorläufer des BND. Und: der wahre Drehbuchautor von "Meta", also dem Film im Film, der mit seinem Werk einen Skandal aufdecken wollte. Und nicht zuletzt: "Taxi Driver" von Martin Scorsese, der Klassiker mit Robert De Niro, den eben jener Drehbuchautor mit Namen Peter Koteas (Simon Schwarz) offenbar mehr als nur geliebt hat.

Zumindest Karow aber hält seine Verschwörungstheorien für glaubwürdig. "Ich sag doch, an der Sache ist was dran", sagt er zu Rubin. "Der Film führt uns zur Wahrheit." Doch die will den Fall abschließen. Also macht Karow sich auf, ihr zu beweisen, dass er Recht hat. Und ab da wird es ungemütlich für die beiden. Bis zum Showdown.

Denn wie das so ist mit Verschwörungstheorien: Sie können einen verrückt machen. Und wie das so ist mit Ermittlungen im Geheimdienst-Umfeld: Sie können üble Gestalten aufscheuchen. Keine gute Kombination. Doch dann merken Karow und Rubin: Da ist ein Fehler im Film. Also: dem Film im Film.

"Meta" ist packend, durchdacht und unterhaltsam

In diesem Tatort allerdings gibt es nicht viele Fehler zu finden. Schnitt und Tempowechsel, Musik und Dialoge, all die Anspielungen auf "Taxi Driver" oder die Besetzung der wichtigsten Rollen – "Meta" ist packend, durchdacht und unterhaltsam – auch wenn der Film im Film manchmal doch etwas ab vom Schuss ist. Und: Zuweilen legt dieser Tatort auch zutiefst Menschliches offen, bohrt in den Wunden, die Karow und Rubin mit sich herumtragen, und ist so trist wie Berlin im Winter eben sein kann.

Der Kniff an diesem Tatort ist dabei, dass endlich einmal der Sturkopf von Karow geknackt wird, allerdings nicht von Rubin, die schon so lange versucht, ihn nicht nur zum Kollegen, sondern auch zum Kumpel zu haben. Doch für solche Emotionalitäten hat Karow nichts übrig. Nein, es ist der Fall, der knabbert ausgerechnet an ihm, da merkt man, dass irgendwo im Hinterstübchen Staub aufgewirbelt wird und die sonst so kühle Fassade zu bröckeln beginnt. Und dabei zuzugucken, macht durchaus Spaß. Doch das gilt, bei aller Dramatik, für all diese Filme mit dem Namen "Meta".

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