Krimi im Ersten

"Tatort: Hundstage": Ein Paar, das sich nicht traut

29.01.2016, 07.30 Uhr
von Detlef Hartlap
In "Tatort: Hundstage" hat der Dortmunder Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) einen kniffligen Fall zu lösen - beruflich wie auch privat.
BILDERGALERIE
In "Tatort: Hundstage" hat der Dortmunder Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) einen kniffligen Fall zu lösen - beruflich wie auch privat.  Fotoquelle: WDR/Wolfgang Ennenbach

Die Love-Story von Faber und Bönisch nimmt Gestalt an. Der Dortmund-Tatort Ist der West-Konkurrenz aus Köln und Münster um viele starke Geschichten voraus.

Sie lachen, sie können es. In einer dieser Sommernächte, in der die Hitze des Tages einer wohltuenden Milde weicht, findet Faber (Jörg Hartmann) wieder ganz zu sich. Ort des Geschehens: ein Plastiktisch vor einer Pommesbude. Bei ihm: seine Kollegin Martina Bönisch (Anna Schudt), die sonst auch gern Trauer trägt, weil ihre Familie sie nicht mehr mag.

Man trinkt Bier, man stößt an, er zieht sie auf ("Was machst du jetzt? Gehst du wieder ins Hotel?"), sie gibt ihm ungelenk einen Kuss. Später wird sie zu ihm sagen: "Bild dir ja nichts ein auf gestern Abend!"

Die Besten im Westen

Bönisch und Faber sind ein zwischen quälenden Sorgen, Erinnerungen und professioneller Polizeiarbeit irrlichterndes Paar. Mit ihrer äußerst präzisen Spielweise zeigen Schudt und Hartmann zugleich auf, wie altbacken ihre Kollegen in Köln agieren und wie albern die Komödianten aus Münster. Der beste Tatort des Westens kommt aus Dortmund.

Nachts am Dortmund-Ems-Kanal: Streit, Schreie, zwei Menschen im Wasser, die Frau wird gerettet (von Faber), für den Mann kommt jede Hilfe zu spät.

Sie, die gerettete Frau, stammt aus dem Kleinbürgermilieu, das vor Jahrzehnten als Bergmannssiedlung identifiziert worden wäre. Er, der Tote, stand einer Logistik-Firma vor und agierte zu Lebzeiten aus einem Büroturm mit Blick auf Dortmund hinab. Es stellt sich heraus: Er ist nicht ertrunken, er wurde kurz zuvor von einer Kugel getroffen.

Wie kamen sie zusammen? Wo liegt der gemeinsame Nenner? Die Ermittlungen führen zurück zu einem vor 13 Jahren verschwundenen Jungen, dessen Vater der Erschossene war. Jonas heißt der Junge (Patrick Mölleken). Zur Zeit seiner Entführung leitete Bönisch die Ermittlungen, konnte den Fall aber nicht klären. Die Mutter des Jungen glaubt, das Kind von einst in einem Halbwüchsigen wiedererkannt zu haben ("Eine Mutter weiß, wenn sie ihr Kind vor sich sieht!").

Maren Eggert, bekannt als Borowskis psychologisierende Hilfskraft (und Beinahe-Ehefrau) in Kiel, spielt diese Mutter mit einem Schuss Wahn und jener Überzeugungskraft, die dem Wahn innewohnt. Eine interessante Rolle – vom Drehbuch her. Mit der Umsetzung hapert es.

Muster des horizontalen Erzählens

Doch das tut dem Reiz dieses Films keinen Abbruch. Der Dortmund-Tatort ist zum Muster des sogenannten horizontalen Erzählens geworden: Die privaten Geschichten der vier Protagonisten werden mit wechselnden Drehbuch-Autoren (diesmal: Christian Jeltsch) überzeugend fortgesponnen, die jeweiligen Kriminalfälle halten demgegenüber überzeugend die Waage.

Martina Bönisch hat sich entschlossen, ihrer Familie mit einer Art Charme-Offensive zu begegnen, um verlorenes Terrain wiederzugewinnen. Und Faber, der eben noch lachte, bricht über einem Foto seiner ermordeten Familie weinend zusammen. Der Hitze der Nacht folgt neue Kälte.

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