Netflix-Star Edin Hasanovic im Interview

"Eigentlich hatte ich mit HipHop und Rap wenig am Hut"

von Eric Leimann

Edin Hasanovic spielt in der neuen Netflix-Serie "Skylines" ein Produzenten-Wunderkind der HipHop-Szene. Wie er sich darauf vorbereitet hat, erzählt der Schauspieler im Interview.

In der vierten deutchen Netflix-Serie "Skylines" (ab Freitag, 27. September) spielt Edin Hasanociv einen aufstrebenden Frankfurter HipHop-Produzenten, der zwischen die Mühlen von Kunst, Big Business, Familien- und Drogenkriegen gerät. Erstaunlich an der Serie ist, dass man tatsächlich glaubt, beim aktuellen Rap-Geschäft mit am Tisch zu sitzen. Größen wie Azzi Memo, Nimo oder auch der Frankfurter Rapper Olexesh sind in kleinen Rollen zu sehen. Außerdem spielen Azad, Nura, Miss Platnum, Celo & Abdi und MC Bogy sich selbst. Wie schwierig ist es, eine Szene authentisch wiederzugeben, deren hohe Authentizität Voraussetzung für die Akzeptanz in der Szene ist? Und wie schlimm ist es, wenn man dabei selbst weder etwas von HipHop noch vom Musikmachen an sich versteht?

prisma: Wie gut kannten Sie sich vor "Skylines" mit der HipHop-Szene aus?

Edin Hasanovic: Sie war mir eher fremd. Eigentlich hatte ich mit HipHop und Rap wenig am Hut. Mein Verhältnis zur Musik ist rein emotional. Wenn mir etwas gefällt, dann gefällt es mir – völlig unabhängig vom Genre. Oft weiß ich gar nicht, warum mich etwas berührt.

prisma: Das hört sich jetzt nicht so an, als wären sie ein analytischer Musikhörer. Spielen Sie ein Instrument?

Hasanovic: Nein, ich habe tatsächlich nie selbst Musik gemacht. Das einzige, das ich einbringen kann, ist ein angeborenes Rhythmus-Gefühl. Ich ordne das meinen bosnischen Genen zu. Irgendwie sind wir Bosnier alle verrückt nach Rhythmus.

prisma: Hatten Sie Vorurteile gegenüber der deutschen Rap-Szene?

Hasanovic: Na ja, ein paar schon. Ich hatte anfangs Probleme mit dem Image, das viele Rapper heute pflegen. Früher war diese Musik ja mal Sprachrohr für gesellschaftskritische Themen. Heute wird es immer "mainstreamiger". Viele Rapper, die in "Skylines" mitspielen, sind große Stars. Sie sind in Deutschland erfolgreicher als Beyoncé, Justin Bieber oder Coldplay. Oft mag ich die Beats, darf mir aber über den Text nicht allzu viele Gedanken machen. Ich weiß, dass die Zielgruppe sehr jung ist. Deswegen wünsche mir manchmal mehr Verantwortung, als sie in Texten über Handy-Kabel oder Verherrlichung von Drogen zu finden sind.

prisma: Das klingt danach, als wären Sie mit Ihren Mitspielern aus der HipHop-Szene nicht besonders warm geworden.

Hasanovic: Nein, nein – das Gegenteil ist der Fall. Alle waren total nett. Natürlich haben die Musiker eine eigene Energie mit ans Set gebracht. Viele von ihnen sind sehr selbstbewusste junge Männer, die jedoch in der Serie als Kollegen einen super Job gemacht haben. Ich weiß ja, dass man in der Musik auch ein Image bedienen muss. Aber bei uns waren sie echt und sehr angenehm.

prisma: Mussten Sie etwas für die Serie neu lernen?

Hasanovic: Ja, den Umgang mit den Maschinen, die ich bediene. Der Authentizität-Anspruch der Serie ist sehr hoch. Wir wollten uns auf keinen Fall angreifbar machen, indem ich als HipHop-Produzent die Knöpfe an meiner MK3-Beat-Maschine oder am Studiomischpult falsch bediene.

prisma: Wie kann man sich Ihr Training vorstellen? Mussten Sie selbst lernen, wie man Beats macht?

Hasanovic: Ja, ich brauchte ein technisches Grundverständnis der Geräte, aber auch ein Wissen darüber, wie man dabei aussieht und mitgeht, wenn man bestimmte Effekte herstellt. Es war wirklich anspruchsvoll. Ich habe aber auch einen Coach zur Seite gestellt bekommen, der die Maschinen aus dem Effeff kennt auf den richtigen Umgang mit ihnen geachtet hat. Nura, eine Rapperin, die auch in der Serie mitspielt, hatte unseren Showrunner Dennis Schanz und mich in ihr Studio eingeladen. Ihr durften wir über die Schulter schauen. Das war extrem hilfreich.

prisma: In der Serie spielen viele bekannte Rapper überzeugend kleine Rollen, während Schauspieler ebenso überzeugend Rapper geben. Waren Sie überrascht, dass beides so gut funktioniert?

Hasanovic: Tatsächlich finde ich auch, dass die Rapper das super gemacht haben. Sie waren als Schauspieler komplett authentisch und ließen sich von dem ungewohnten Filmteam überhaupt nicht aus der Ruhe bringen. Wenn ich als Schauspieler in ein Musikstudio käme und sollte einen Track aufnehmen, wäre ich sicher nicht halb so begabt wie die.

prisma: Hatten die Macher Angst, dass die HipHop-Szene die Serie "bashen" könnte?

Hasanovic: Ich weiß nicht, aber der Anspruch war von Anfang der, HipHop nicht als Kulisse für die Drama-Handlung zu benutzen, sondern wirklich präzise und authentisch aus dieser Szene heraus zu agieren. "Skylines" erzählt aus dem Zentrum eines HipHop-Tornados. Die Serie vermittelt das Gefühl, wie ein Beat entsteht und welche Psychologie hinter einem Text steht. Vor allem wird der Business-Aspekt beleuchtet. "Skylines" ist eine sehr gut recherchierte Serie.

prisma: Ist es für Sie ein Widerspruch, dass Rap-Stars einerseits von ihrer Authentizität leben, andererseits aber oft mit Klischees wie zum Beispiel ihrer harten Herkunft arbeiten?

Hasanovic: Ich glaube, dass die Jungs, die wir am Set hatten, alle komplett authentisch waren. Das, was sich in diesem scheinbaren Widerspruch mischt, ist der Ort, von dem sie kommen und der, wo sie jetzt sind. Diese Leute sind einfach mega-erfolgreich – erfolgreicher als die sogenannten Weltstars in unserem Land. Ich finde es deshalb stimmig, wenn sie vom sozialen Brennpunkt erzählen, dem sie vielleicht lägst entkommen sind, und andererseits über ihr neues Leben nachdenken, in dem sich ja auch die Frage nach dem Widerspruch zwischen Vergangenheit und Gegenwart stellt.

prisma: Was wird in "Skylines" neben der Musikwelt und ihrem Business-Aspekt verhandelt?

Hasanovic: Es geht um Werte. Alle Charaktere sind mit ethischen, moralischen Herausforderungen konfrontiert. Es geht darum, was passiert, wenn Privates zum Geschäft wird und anders herum. Die Serie zeigt, was passieren kann, wenn man zu wenig Rückgrat hat. Wenn die Gier nach Macht und Erfolg größer ist, als Loyalität, Freundschaft und Liebe.

prisma: "Skylines" hat mit sechs Folgen zwar die Länge einer Mini-Serie, allerdings endet die Handlung doch ziemlich offen. Wie wahrscheinlich ist eine Fortsetzung?

Hasanovic: Natürlich würden wir gerne weitermachen. Wenn die Leute nach sechs Folgen sagen: "Mist, ich will wissen, wie es weitergeht!'" haben die Macher alles richtig gemacht.


Quelle: teleschau – der Mediendienst

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